Es ist ein einziger Kampf, den die Gestalt mit der ureigenen, der höchsten Gabe des Menschen, der Sprache, führt. Dabei erwartet man von dem Mann im Licht, dass er diesen Konflikt souverän beilegt – doch er verliert. Prinz Albert Frederick Arthur George, Herzog von York, ist Stotterer. Und er steht im Mittelpunkt des Schauspiels „The King‘s Speech – Die Rede des Königs“, das nun im Haus der Stadt aufgeführt wurde.
Götz Otto, Steffen Wink und Daniela Kiefer waren dabei nur drei Namen einer Riege hochkarätiger Darsteller, die das Stück von David Seidler präsentierten. In diesem geht es, auf wahren Begebenheiten beruhend, um den Herzog von York (Vater von Königin Elizabeth II.), der bei öffentlichen Reden immer wieder ins Stottern verfällt, sich daraufhin dem australischen Sprachtherapeuten Lionel Logue anvertraut und nahezu geheilt als König George IV. in einer Radioansprache Deutschland den Krieg erklärt.
Viele Ortswechsel bestimmen das Stück, die vor einer kargen, in schwarz, weiß gehaltenen Kulisse durch Abänderungen der Lichteinstellungen eingeführt und verdeutlicht wurden. In den verschiedenen Szenerien imponierten die Schauspieler. Zunächst einmal sind in diesem Zusammenhang die beiden Hauptdarsteller Götz Otto und Steffen Wink hervorzuheben.
Otto mimte den von einer harten, gefühlslosen Erziehung und vom Spott seiner Mitmenschen geprägten Herzog von York nahezu perfekt. Auf der einen Seite gelang es ihm die Oberfläche nachzuzeichnen, den Monarchen mit seiner Haltung und arroganten Distanz. Auf der anderen Seite gab er dem Charakter eine gewisse Tiefe, in der sich Verunsicherung findet, Versagensängste, Verzweiflung. Aber auch Veränderung und menschliche Wärme. Zudem stotterte er nahezu zwei Stunden durch das Stück und wirkte hierbei stets glaubhaft. Steffen Wink personifizierte den Kontrast. In der Rolle des Lionel Logue bildete er einen einfachen Bürger ab, der versucht, dem verschlossenen König auf Augenhöhe zu begegnen, ihn zu vermeintlich herabwürdigenden, doch vom Erfolg gezeichneten Untersuchungsmethoden ermutigt und dem es gelingt, das konservative Bild des Herrschers und seiner Untertanen zu zerreißen.
Doch auch die weiteren Akteure agierten mit einer ergreifenden Intensität: das Produkt einer insgesamt homogenen Darstellung, in der niemand nur seine Rolle abspulte, sondern mit den anderen spielte. Das Publikum würdigte die schauspielerische Extraklasse mit viel Applaus.
Dietzenbach - Es war ein glanzvolles Heimspiel, was Götz Otto und seine Schauspielkollegen am Sonntagabend im Bürgerhaus auf der Bühne vollbrachten: Die Vorführung des Theaterstücks „The King’s Speech“ begeisterten die Zuschauer im restlos ausverkauften Saal und bescherte dem „großen Sohn“ der Stadt einen ruhmvollen Auftritt. Von Khang Nguyen
© Nguyen
Sprachtherapie für den König: Götz Otto kämpft in „The King’s Speech“ als Georg VI. gegen das Stottern.
Über zwei Jahre ist es her, seit die Kinoversion des Dramas ihren Erfolg in den deutschen Kinos feierte. An diese werden auch viele Besucher unweigerlich gedacht haben, als eine Hörfunkdurchsage durch die Lautsprecher dröhnt und die Rede des Herzogs von York ankündigt. Doch statt eine staatstragende Rede zu halten, stottert Albert, der auch liebevoll „Bertie“ genannt wird, nur wenige Worte. Sein Vater, König Georg V. (Harald P. Wieczorek), hat dafür kein Verständnis. Ein Adliger hat keine Schwächen. Noch zeigt Sohn Albert diese nach außen. Nur seine Ehefrau Elizabeth (Daniela Kiefer) glaubt an ihren Ehemann und sucht den Kontakt zum australischen Sprechlehrer Lionel Logue (Steffen Wink), welcher für seine unkonventionellen Therapien bekannt ist. Was folgt, ist die Entwicklung einer kecken Männerfreundschaft zwischen Herzog Albert und einem einfachen Bürger. Mit dem Ergebnis, dass Albert, mittlerweile König Georg VI., am Vorabend des Zweiten Weltkriegs ohne Stottern eine längere Rede an sein Volk halten kann.
Zum Schluss gab es von den Dietzenbachern Standing Ovations. Dem „großen Sohn“ Otto schien es ebenfalls zu gefallen, wieder in seiner Heimatstadt zu sein: Am Ende des Stückes richtete er mit dem lauten Ruf „Dietzenbach!“ Grüße an die Heimat aus. Alle Dietzenbacher hatten an diesem Abend etwas zu feiern.
Iserlohn. Aus der „königlichen Hoheit“ wird schon beim ersten Treffen ein freundschaftliches
„Bertie“ – und das ist für einen einfachen Sprachlehrer im Umgang mit einem Mitglied der königlichen Familie natürlich eine absolute Frechheit. Gerade in dieser frechen Begegnung auf Augenhöhe
und dem Bohren nach dem Menschen hinter Prinz Albert Frederick Arthur George, Herzog von York, liegt aber der Schlüssel, um den späteren König George VI. zu öffnen und von seinem Stottern zu
befreien.
In dem Stück „The King’s Speech“ von David Seidler, das am Samstag in der Produktion der Kempf Theatergastspiele im Parktheater Premiere gefeiert hat, geht es genau um diese Begegnung, um das
Wachsen einer Freundschaft und um den Wandel, den der König durchmacht. Zu seinem Sprachlehrer kommt der Herzog von York als geradezu gebrochener Mann, von der strengen Erziehung eines Royals
zermürbt, ohne jedes Selbstvertrauen, von der Familie verlacht und in Selbstmitleid über die eigenen Unzulänglichkeiten zerfließend. Er geht als aufrechter Mann, der sein Königtum voller
Überzeugung annimmt. Und das, weil Lionel Logue weit mehr geworden ist als ein Sprachlehrer.
Natürlich ist es ein höchst ungleiches Paar, das da Mitte der 30er Jahre in der Realität und nun gespielt von Götz Otto und Steffen Wink auch auf der Parktheaterbühne aufeinander traf. Auf der
einen Seite Götz Otto, der seine Rolle sehr subtil anlegt. Ein stotternder König, der eine solche Wandlung durchmacht, lädt ja geradezu dazu ein, richtig dick aufzutragen. Das tut Otto aber ganz
und gar nicht. Er feuert kein „K-k-k-k-k-k-k-önig“-Stottern ab, sondern begnügt sich mit einer weniger spektakulären aber sehr echt wirkenden Sprechweise mit unkontrolliert herausgepressten
Wörtern und unnatürlichen Pausen. Und auch der Wandel seines Wesens vom unnahbaren Prinzen zum Freund und vom eingeschüchterten Außenseiter zum souveränen König wird hinter der gefassten Fassade
des Royals, dem Emotionen aberzogen wurden, nur in feinen Nuancen spürbar.
Auf der anderen Seite Steffen Wink, der den undistanzierten Sprechtrainer und gescheiterten Schauspieler aus Australien mit großer Geste spielen und die Freude an der Unverfrorenheit und der
Respektlosigkeit gegenüber der Obrigkeit sowie überbordende Lebensfreude und draufgängerisches Lebenskünstlertum auskosten darf. Von dem Spannungsfeld dieser so ungleichen Charaktere, die gegen
alle Widerstände zueinander finden, lebt das Stück. Und auch von dem Wortwitz, den das Aufeinandertreffen der beiden versprüht.
Der Stoff – obwohl den meisten eher in der erfolgreichen Filmfassung ein Begriff – ist ursprünglich für die Bühne konzipiert worden und funktioniert dort auch dementsprechend gut. Man braucht
keinerlei geschichtliche Vorkenntnisse oder genauere Einblicke in das englische Königshaus, um folgen zu können. Die flexible Kulisse ermöglicht es, problemlos zwischen den Schauplätzen hin- und
herzuspringen. Regisseur Helmuth Fuschl hat die Handlung mit großem Tempo umgesetzt.
Schlaglichtartig werden die zentralen Figuren eingeführt, die Intrigen rund um die Thronfolge werden in amüsanten Unterhaltungen wie nebenbei vorangetrieben.
„The King’s Speech“ wurde schon vor der Premiere ein enormes Interesse zu teil. Das Publikum feierte die Premiere mit lang anhaltendem Jubel und stehenden Ovationen – ein gelungener Start für das
siebenköpfige Ensemble, das den Applaus zusammen mit Regisseur Helmut Fuschl genoss.
Von Ralf Tiemann – Iserlohner Kreisanzeiger, 03.12.2012